Vom Lied des Lebens und des Sterbens und den Noten dazwischen…

Segelboot im Nebel

Vor 3 Wochen ist mein Vater gestorben. Hat diese Erde verlassen. Ohne Ankündigung. Ohne Abschied.
Einfach so.

Und 3 Wochen lang fehlten mir die Worte für das, was da passiert war. Mit ihm und mit uns.
Einfach so….

Ein lauer Sommerabend in einer kleinen Bar an einem Dänischen Hafen. Freunde sind da. Wir trinken Wein und schmieden Pläne. Sind verliebt in diesen Ort und möchten am liebsten für immer bleiben.
Und wie wir so dasitzen und mit leichtem Gemüt das Leben feiern, stirbt 400 Kilometer entfernt mein Vater an einem Herzinfarkt. Einfach so. Einfach so?
Wer weiß das schon…

Die Tage danach.

Ein wahr gewordener Albtraum begleitet von den immer gleichen Fragen: Passiert das hier gerade wirklich? Gibt es eine Seele? Hörst Du mich, Papa?

Papa. Papa. Papa. Wie ein Mantra wiederhole ich dieses Wort. Ich möchte es einfach nicht loslassen. Diesen kostbaren Schatz.

Aus meinem Wörterbuch radiert. Einfach so.

Auch 3 Wochen später fällt es mir noch schwer zu begreifen, dass er nicht mehr da ist. Dass seine große, schlaksige Gestalt nur noch vor meinem geistigen Auge existiert. Ich sehe sein Gesicht vor mir. Diesen Blick, den wohl nur ein Vater seiner Tochter schenken kann. Ein Blick, der alles gibt und alles verzeiht. Voller Güte und Annahme.

Nur noch Erinnerung. Einfach so.

Für das hier gibt es keine Generalprobe. Nichts hätte mich auf dieses Stück vorbereiten können. Das hier ist die Bühne des Lebens. Und dies hier war Dein letzter Akt, Papa.

Hätte ich Dich doch noch einmal gesehen. Hätte ich Dir noch einmal sagen können, wieviel Du für mich bist. Hättest Du doch bloß noch 2 Wochen gewartet, damit ich Dir hätte zeigen können, wie schön es dort ist, wo wir gerade leben.
Und vielleicht hätten wir sogar noch meinen Geburtstag zusammen gefeiert, den ich heute leider ohne Dich verbringen musste.

Dieses „hätte, hätte“ könnte wohl ewig so weitergehen.
Doch vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass das Lied des Lebens längst geschrieben ist. Dass eben jeder „seine“ Zeit auf dieser Erde hat.

Und was haben wir nicht alles gemeinsam erlebt in dieser Zeit. Und wie lieb wir uns doch hatten. Und welches Geschenk es war, Dich zum Vater zu haben. Und wie wunderschön es ist, dass Du Deinen Enkel noch kennenlernen durftest und wir „zum Schluss“ noch soviel Zeit zusammen verbringen konnten. Und wie wundervoll, dass irgendwie auch alles gesagt war zwischen uns.

Papa, Du fehlst mir so sehr. Doch Dein Lied wird für immer in mir klingen. Und vielleicht ist es genau das, was Seele ist. Die Melodie, die bleibt, obwohl der Vorhang längst gefallen ist. Für immer.
In Liebe.
Einfach so.

Synje.

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